StringART   by  Ursula  Stirnimann C
Der Trompeter, 1990
Weg der Erkenntnis, 1991
Der Balanceakt, 1991
Mittelpunkt Erde, 2005
Buddha, 2002
Kommunikation, 1991
Der Narr, 1992
Das Urtier, 1992
Der Traumtänzer, 1992
by Meyer- Stirnimann, 2021
Ein mächtiger Präsident Es war einmal ein frommer und gottesfürchtiger Präsid ent. Jeden Tag verrichtete er, morgens wie abends, seine Gebete. Doch wie bei so vielen anderen frommen Menschen auch, versuchte dieser Präsident nicht nach den Lehren und Idealen seiner Religionsstifter zu leben, sondern fühlte sich nur seinen eigenen Vorstellungen von Wahrheit und Recht verpflichtet. Mit viel Geschick und manch dunkler Machenschaft hatte er es bis an die Spitze seines Landes gebracht. Dort saß er nun auf seinem Thron und wurde nicht nur von den Bürgern seines Landes, sondern auch von vielen anderen Menschen auf der ganzen Welt, als der mächtigste Mann bezeichnet, den es je gegeben hatte. Seine vor Waffen starrenden Armeen waren so zahlreich, dass es ihm keine Mühe bereitete, sie überall auf der Erde zu stationieren. Alle Welt achtete aufmerksam darauf was der Präsident sagte oder auch nicht sagte. Jedes seiner Worte hatte großes Gewicht. Eines Tages ließ der Präsident verkünden, dass jeder als Feind angesehen würde, der sich nicht ihm und seinem Land zum Freund erklärt. Von da an wagte es kein Führer eines Landes mehr, ein kritisches Wort gegenüber dem Präsidenten zu äußern. So fügten sich viele Nationen selbst auch dann, als ihre Söhne und Töchter aufgefordert wurden an den Kriegen, die der Präsident führte, teilzunehmen. Dass viele Menschen und Nationen Angst vor ihm hatten, gefiel dem Präsidenten, denn das nährte seine Überzeugung, der mächtigste Mann der Welt zu sein. Und das erfüllte ihn mit Stolz. Aber Stolz ist ein süßes Gift, welches das Denken lähmt und die Seele vergiftet. Daher befand Gott es eines Tages für richtig, dem Präsidenten eine weitere Gelegenheit zum Nachdenken zu geben. Hierzu nahm Er die Gestalt einer Putzfrau an. "Oh, entschuldigen Sie bitte, ich wusste nicht, dass Sie hier sind." Mit einem Staubwedel in der einen und einem Lappen in der anderen Hand, stand die Frau in der Tür. "Ich komme später wieder", sagte sie und wandte sich zum Gehen. "Nein, nein, schon gut. Kommen Sie ruhig. Sie stören mich nicht.", antwortete der Präsident gut gelaunt. Soeben hatte er sich von seinem letzten öffentlichen Auftritt Fernsehbilder angesehen. Und die gefielen ihm so gut, dass er sogleich auf die Wiederholungstaste drückte. "Kommen Sie", forderte er die Frau erneut auf. "Schauen Sie sich das an und ...". Der Präsident zögerte für eine Sekunde, denn er war erstaunt über den Gedanken, der ihm auf der Zunge lag. "Warum eigentlich nicht? Ein ganz einfacher Bürger, aus der untersten Schicht des Volkes, soll mir seine Meinung sagen", sagte er sich und irgendwie fand er diese Idee richtig gut; denn noch nie hatte er mit einem dieser Menschen ein persönliches Wort gewechselt. "Da, nehmen Sie sich einen Stuhl!" Und weil die Frau noch immer zögerte, wies er sie erneut an: "Nun trauen Sie sich doch endlich!" Als der Film zu Ende war, drehte sich der Präsident zu der Putzfrau um und sagte: "Nun, wie fanden Sie das? Ich möchte, dass Sie mir ganz unverblümt Ihre Meinung sagen." "Hm, ich weiß nicht. Ich bin doch nur eine einfache ...." Wie immer in solchen Situationen, fühlte er sich in seiner Eitelkeit geschmeichelt. "Nichts da! Ich will Ihre ehrliche und ungeschminkte Meinung hören. Also los! Und seien Sie unbesorgt, es werden Ihnen schon keine Nachteile daraus entstehen. Wir sind unter uns und keiner wird je erfahren, was hier gesprochen wurde. Entspannen Sie sich! Hier, essen Sie einen Keks." Der Präsident schob ihr eine mit Kekse gefüllte Schale zu. Dann lehnte er sich mit verschränkten Armen zurück und schaute sie aufmunternd an. Entschlossen richtete die Putzfrau ihren Blick auf den Präsidenten. "Da Sie mich auffordern, Ihnen meine ehrliche Meinung zu sagen, will ich das auch tun." "Ja, ja, nur zu, nur zu!", sagte der Präsident. "Ich sehe Sie nicht als Präsident, ich sehe und empfinde Sie als Mensch, und zwar als jemanden, der sich mit all seinen Sorgen, Nöten, Vorlieben, Abneigungen und auch Eitelkeiten und Stolz an Gewöhnlichkeit nicht sonderlich unterscheidet von den vielen anderen Menschen auf dieser Erde." Langsam richtete sich der Präsident auf. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er mit so einer Antwort nicht gerechnet hatte. "Soll ich weiterreden?", fragte die Putzfrau. "Ja, ich höre Ihnen zu." Die Antwort klang recht gedehnt. "Die außerordentlich herausragende Stellung, die Sie innerhalb der Gesellschaft bekleiden, hat mit dem, von dem Sie glauben es sich hart erarbeitet zu haben, nichts zu tun. Denn Sie sind nichts anderes als ein Schauspieler in einem Schauspiel, in dem Sie so gewöhnlich, oder wenn Ihnen das lieber ist, so einzigartig sind, wie jedes andere Wesen auch. So wie eine Ameise handeln auch Sie gemäß ihrer Natur! Der Anteil dessen, von dem Sie überzeugt sind, es aus eigener Kraft erreicht zu haben, ist weit geringer als Sie es für möglich halten. Ihnen wurde und wird alles gegeben. Sie könnten sich noch nicht einmal aus dem Sessel erheben, oder auch nur einen von diesen Keksen dort essen, ohne dass Ihnen von anderer Seite die Möglichkeit hierzu gegeben wird. Sie sollten sich darüber bewusst werden, wie sehr Sie von einer Vielzahl anderer Voraussetzungen, und zwar auch solche, auf die Sie keinen Einfluss haben, abhängig sind! Sie spielen also, ohne dass es Ihnen jemals in den Sinn gekommen wäre, eine Ihnen zugewiesene Rolle. Darauf zu verweisen, für das Amt des Präsidenten gekämpft zu haben, ist lächerlich. Ihnen wurde und wird alles gegeben, damit Sie Ihre Aufgabe als Präsident so erfüllen, wie es in dem für Sie unüberschaubaren Ganzen vorgesehen ist." Der Präsident wirkte wie in Trance. Ohne den Blick von der Putzfrau abzuwenden, beugte er sich langsam vor und griff nach einem Keks. "Die gewaltige Machtfülle", fuhr die Putzfrau fort, "auf die sie so ungemein stolz sind, wird Ihnen von allen Seiten, aus allen Teilen der Welt, zugetragen. Ihre Stärke ist nichts Weiteres als die Schwäche der anderen. Sich einer Stärke zu rühmen, die auf nichts anderem beruht, als auf Schwäche sagen Sie mir, was soll daran so ruhmreich sein? Nehmen Sie ein Beispiel aus dem Tierreich, den Elefanten zum Beispiel. Der Elefant gehört zu den stärksten Tieren auf der Welt. Können Sie sich einen Elefanten vorstellen, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine Überlegenheit beweisen will, der darüber hinaus auch noch Herrschaftsansprüche auf fremde Gebiete erhebt? So dumm ist weder ein Elefant, noch irgendein anderes Tier. Sie beten täglich mehrmals zum Herrn Jesus. Was haben Sie für ein Bild vom Herrn? Ihnen ist doch bekannt, dass der Herr die Wahrhaftigkeit, Selbstlosigkeit und Schlichtheit tagtäglich in seiner reinsten Form vorgelebt hat. Können Sie denn daraus wirklich nichts für sich und Ihr Tun ableiten? Natürlich sind Sie nicht fähig, es dem Herrn gleichzutun, aber Sie sollten endlich damit beginnen, über Ihr Tun und dessen Folgen nachzudenken! Vorhin wies ich darauf hin, dass Ihnen Ihre Macht von allen Seiten zugetragen wird. Wenn Ihnen also jemand anderer einen Teil seiner Stärke überlässt, meinen Sie nicht auch, dass Sie ihm dann etwas schulden? In der Annahme eines Teils seiner Stärke übernehmen Sie ein Stück Verantwortung für ihn. Verwenden Sie Ihre Macht und die daraus sich ergebenen Möglichkeiten nicht nur für sich und Ihr Land, sondern und das vor allen Dingen zum Wohle derjenigen, denen Sie Ihre Machtfülle zu verdanken haben! Das wird und kann nur zu einem allgemeinen friedlichen Miteinander führen. Das jedoch, was Sie bisher praktiziert haben, fördert den Egoismus Weniger, die ohnehin genug haben, und den Hass auf sie von Vielen, die wenig, oder außer ihrem Leben nichts haben. Oh, Herr Präsident", die Putzfrau schaute auf ihre Uhr, "entschuldigen Sie bitte, ich glaube, ich muss jetzt weiter." Die Frau griff sich ihren Staubwedel und den Lappen und verließ den Raum. Zu der Sekretärin im Vorzimmer sagte sie: "Ich glaube dem Präsident geht es nicht gut. Möglicherweise hat er sich aber auch nur verschluckt.“ Sofort lief die Sekretärin in das Zimmer des Präsidenten. Dort sah sie zu ihrem Schrecken wie der Präsident von einem schlimmen Hustenanfall attackiert wurde. Der sofort herbeigeeilte Arzt konnte allerdings feststellen, dass sich der Präsident lediglich an einem Keks verschluckt hatte. Als es dem Präsident wieder gut ging, ließ er sofort nach der Putzfrau rufen. Diese wurde jedoch, trotz umfangreicher Nachforschungen, niemals ausfindig gemacht. Aus dem Buch „Von der Bedeutung eines Sandkorns“, von U. Maya, Verwendung dieses Textes oder auch nur Teile davon, ist nicht gestattet! Alleiniges Copyright by U. Maya
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